Strukturierte Interviews: Diese 5 Methoden funktionieren wirklich
- Aleksandra Corzun

- 7. Juli
- 4 Min. Lesezeit
Alle sprechen davon, dass Jobinterviews strukturierter ablaufen sollen, aber keiner erklärt dir wirklich WIE das gehen soll?
Ein gut geführtes Interview kann den entscheidenden Unterschied machen: Du erfährst mehr, triffst bessere Entscheidungen – und KandidatInnen fühlen sich ernst genommen.
Zeit also, dass wir dem Schlagwort «strukturierte Interviews» etwas Substanz geben.
In diesem Blogpost teilen wir fünf Methoden aus der Praxis, die du sofort im nächsten Interview anwenden kannst. Und nein – STAR ist nicht die einzige Möglichkeit.
Im Gegenteil: Verschiedene Methoden bringen unterschiedliche Stärken mit – und nicht jede passt zu jedem Typ Mensch oder jeder Situation.
Finde deine Favoriten, übe sie gezielt – und du wirst merken, wie sich deine Gespräche verändern.

STAR = Situation – Task – Action – Result
Die wohl bekannteste Methode. STAR hilft uns, herauszufinden, was jemand konkret getan hat, in welcher Situation – und mit welchem Ergebnis.
Beispiel:
Frage: «Erzähle mir von einer Situation, in der du unter Zeitdruck ein Projekt abschliessen musstest.»
Antwort nach STAR:
• Situation: "Letztes Jahr hatten wir einen unerwarteten Ausfall im Projektteam, kurz vor dem Abgabetermin."
• Task: "Ich war verantwortlich dafür, die Lücke zu füllen und den Zeitplan trotzdem einzuhalten."
• Action: "Ich habe Aufgaben neu verteilt, externe Hilfe organisiert und die Kommunikation mit dem Kunden intensiviert."
• Result: "Das Projekt wurde pünktlich abgeschlossen – und der Kunde war sehr zufrieden."
Warum das funktioniert: Wir bekommen konkrete Beispiele für Verhalten und Leistung – keine vagen Aussagen oder auswendig gelernten Antworten.
ORCA = Objective – Role – Challenge – Action
Diese Methode geht einen Schritt weiter. Sie zeigt nicht nur, was gemacht wurde, sondern auch warum, in welcher Rolle und mit welchen Herausforderungen. Ideal für Führungsrollen oder komplexe Projekte.
Beispiel:
Frage: «Wie bist du bei der Einführung eines neuen Tools in deinem Team vorgegangen?»
Antwort nach ORCA:
• Objective: "Wir wollten unsere Prozesse digitalisieren, um effizienter zu werden."
• Role: "Ich war als TeamleiterIn für die Auswahl und Einführung des Tools verantwortlich."
• Challenge: "Das Team war skeptisch – viele hatten Angst vor Veränderung."
• Action: "Ich habe gezielt auf Schulung gesetzt, Feedbackrunden eingeführt und mit kleinen Pilotprojekten gestartet."
Was wir hier erfahren: Wir sehen nicht nur, was jemand gemacht hat, sondern auch, welche Verantwortung getragen wurde – und wie mit Widerstand oder Schwierigkeiten umgegangen wurde.
PAR = Problem – Action – Result
PAR ist quasi die Light-Version von STAR – kompakter, schneller, direkter. Perfekt für kürzere Gespräche oder wenn wir BerufseinsteigerInnen interviewen, die noch nicht viele komplexe Projekte vorweisen können.
Beispiel:
Frage: «Gab es in deinem Studium ein Projekt, das nicht nach Plan lief?»
Antwort nach PAR:
• Problem: "In einem Gruppenprojekt kam es zu grossen Meinungsverschiedenheiten."
• Action: "Ich habe ein Mediationsgespräch initiiert und klare Rollen verteilt."
• Result: "Danach konnten wir effizienter arbeiten und haben die Aufgabe erfolgreich abgeschlossen."
Funktioniert gut, wenn wir schnell einen Eindruck vom Problemlösungsverhalten bekommen.
CARL = Context – Action – Result – Learning
Diese Methode ist besonders spannend, wenn wir nicht nur wissen wollen, was jemand getan hat, sondern auch, was daraus gelernt wurde. Der Fokus liegt hier auf Reflexion und persönlicher Entwicklung.
Beispiel:
Frage: «Gibt es eine Situation, aus der du besonders viel gelernt hast?»
Antwort nach CARL:
• Context: "Ich habe in einem Startup gearbeitet, das sehr schnell gewachsen ist."
• Action: "Ich musste in kurzer Zeit viele neue Aufgaben übernehmen."
• Result: "Einige Entscheidungen waren nicht optimal – wir mussten später korrigieren."
• Learning: "Ich habe gelernt, besser zu priorisieren und früher Feedback einzuholen."
Ideal für dynamische Rollen, in denen Lernen und Weiterentwicklung zentral sind.
CIT = Critical Incident Technique
CIT ist ganz anders aufgebaut: Hier geht es nicht um strukturierte Fragen, sondern um das Erzählen von besonders positiven oder negativen Erlebnissen im Berufsleben.
Beispiel:
Frage:
«Erzählen Sie mir von einem Moment, der für Sie im Job besonders schwierig war – und wie Sie damit umgegangen sind.»
Antwort: "Als unser wichtigster Kunde plötzlich abgesprungen ist, war ich völlig perplex. Ich habe sofort eine Krisensitzung einberufen, alle Fakten gesammelt und eine Strategie für die nächsten Wochen entwickelt. Auch wenn es hart war, haben wir die Situation gemeinsam gemeistert."
Was wir hier hören: Wie jemand in echten Drucksituationen reagiert, welche Werte wichtig sind – und ob jemand Verantwortung übernimmt oder sich zurückzieht.
Fazit: Weniger Theorie – mehr Praxis
In unseren Workshops hören wir oft: «Die Methoden sind spannend – aber irgendwie kann ich nicht alle gleich gut anwenden.» Und das stimmt - nicht jede Methode liegt jedem gleich gut. Deshalb unser Tipp: Wähle ein oder zwei Methoden, mit denen du dich wohlfühlst. Setze sie gezielt ein und übe damit regelmässig. Du wirst beobachten können, wie sich deine Interviews verändern.
Denn am Ende geht es nicht darum, alles perfekt zu machen – sondern die richtigen Fragen zu stellen, um Menschen wirklich kennenzulernen.
Mit Struktur wirst du nicht nur klarer – sondern auch souveräner, empathischer und wirkungsvoller in deiner Gesprächsführung.




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